Passiert ein Verkehrsunfall, so übernehmen zumeist die Versicherer den gesamten Schadensbetrag, der dadurch entsteht.
Gem. § 81 Abs. 2 VVG ist ein Versicherer jedoch berechtigt, bei einem grob fahrlässig herbeigeführten Verkehrs- bzw. Versicherungsunfall die Leistung entsprechend zu kürzen, d.h. zu quotieren.
Eine Quotierung kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn bei dem verursachten Unfall Fahruntüchtigkeit bestand oder das KFZ entwendet worden ist.
Es gibt noch weitere Fallgruppen, die eine Quotierung der Schadenssumme zulassen:
- Bei der Missachtung der Durchfahrtshöhe wird bei einer deutlichen Kennzeichnung der Höhe und einem erheblichen Höhenunterschied eine Quotierungsmöglichkeit zwischen ungefähr 30 und 70 % angenommen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2004, NJW-RR Jahr 2004, Seite 1549, LG Konstanz, Zfs 2010, ZFS Jahr 2010 Seite 214, LG Köln, NJW-RR 2013, NJW-RR Jahr 2013 Seite 143)
- Bei einem Rotlichtverstoß wird allgemein und nachvollziehbarer Weise ein grober Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angesehen, sodass dieser im Üblichen die Annahme einer groben Fahrlässigkeit begründet. Zwar sieht der BGH in seinem Urteil vom 29.1.2003 (NJW 2003, NJW Jahr 2003 Seite 1118) nicht immer grobe Fahrlässigkeit für gegeben, jedoch wird grundsätzlich eine Quotierung in Höhe von 50 % als angemessen angesehen.
- Bei der Missachtung eines Stoppschildes wird im Moment unterschiedlich entschieden, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt oder nicht und damit eine Quotierung zulässig ist. Die grobe Fahrlässigkeit dürfte aber gegeben sein, wenn auf das Stoppschild besonders hingewiesen wurde (vgl. Heß in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Hdb., 3. Aufl. 2015, § 16 Rn. 78, 143). Ingesamt dürfte eine Quotierung zwischen 20% und 60 % angemessen sein. (vgl. LAG Schleswig-Holstein, SP 2014, 291 = BeckRS 2014).
- Fährt der Versicherungsnehmer im Winter mit Sommerreifen ist dabei nach dem Amtsgericht Mannheim auf auf den konkreten Tag der Kfz-Nutzung und auf die in der konkreten Verkehrssituation herrschenden Witterungs- und Straßenverhältnisse abzustellen, wo im Regelfall eine Quotierung von 50 % üblich ist (vgl. u.a. LG Darmstadt, BeckRS 2011). Ebenso kommt eine solche Quotierung bei abgefahrenen Reifen auch in Betracht (vgl. LG Darmstadt, BeckRS 2011)
- Bückt sich der Fahrer während der Fahrt nach einem Gegenstand im Fußbodenbereich des Wagens und ist er deswegen nicht mehr gänzlich mit seiner Konzentration auf der ihm vorliegenden Fahrbahn stellt dies eine grob fahrlässige Handlung dar, die im Regelfall mit 50 % quotiert wird (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2016, NJW-RR Jahr 2016, Seite 1428).
- Eine grob fahrlässige Handlung wird auch bei dem Griff zum Smartphone angenommen, was nicht nur aufgrund der Gefährlichkeit der Handlung gerechtfertigt ist, sondern auch durch den Verstoß von §23 StVO begründet ist.
Es bleibt festzuhalten, dass oft der Einzelfall über die genaue Quotierung zwischen dem Versicherer und Versicherungsnehmer entscheidet.
(vgl. den Aufsatz „Die Quotierung bei grob fahrlässig herbeigeführtem Versicherungsfall“ von Rechtsanwalt Professor Dr. Rainer Heß und Rechtsreferendarin Michelle Look, Bochum; NJW-Spezial 2018, 9, beck-online)
Oliver Munz
Rechtsanwalt
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